Mit dem Triptychon »Großstadt« gelingt Otto Dix eine meisterhafte Momentaufnahme der Weimarer Republik, in der die zunehmend als krisenhaft empfundene Realität der »Goldenden Zwanziger« sichtbar wird. Die Mitteltafel zeigt ein edles Tanzlokal. Das Paar im Zentrum trägt wie die anderen Gäste schicke Abendrobe und tanzt den damals beliebten Charleston zur Musik einer Jazzkapelle. Vor den Türen der Vergnügungsstätte geht es weniger glamourös zu. Beide Seitenflügel zeigen Dirnen auf der Straße, die auf der Suche nach Kunden sind. Während sich auf der rechten Seite Edelprostituierte wie auf einem Laufsteg ansammeln, befinden sich die »leichten Mädchen« auf der linken Seite in einem heruntergekommenen Rotlichtviertel. Der bettelnde Kriegskrüppel und der im Rausch zu Boden gestürzte, vermutlich tote Freier verstärken den Eindruck einer erbärmlichen Gesellschaft – es ist ein Tanz auf dem Vulkan.
Über dieses weltberühmte Gemälde ist bereits viel geschrieben worden, zahlreiche Wissenschaftler haben die komplexen sozialkritischen und symbolischen Aspekte des Werks erörtert. Dix selbst übt sich in Zurückhaltung, er spricht recht wenig über die Inhalte seiner Werke. In einem Brief an Hans Kinkel schreibt er 1965: »Zu dem Bild hat mich z. T. der ›Ulysses‹ von James Joyce angeregt, daher auch die Dreiteilung, um verschiedene Bilder zu zeigen. Alles Übrige müssen Sie selber finden.«
Das dreiteilige aus sakralem Kontext stammende Format des Triptychons ermöglicht es Dix, verschiedene Themen, Ereignisse und Orte in einem einzigen Werk zu vereinen.
Werkdaten
- Inventarnummer: O-1890
- Material / Technik: Öl und Tempera auf Holz
- Creditline: Kunstmuseum Stuttgart, erworben mit Mitteln des Landes Baden-Württemberg
Provenienz
1927/28–1969 Otto Dix; 1969–1970 Martha Dix; 1970–1973 Erbengemeinschaft Jan Dix, Ursus Dix, Bettina Dix; 1973, Jan. –heute E: LHS Stuttgart, B: Kunstmuseum Stuttgart