Der Totentanz ist seit dem Spätmittelalter ein weit verbreitetes Bildmotiv, das den Tanz als Sinnbild der Lebendigkeit dem Tod entgegenstellt. Es illustriert dabei die Gleichheit der Menschen im Angesicht des Todes. Der Angabe »anno 17« zufolge datiert die Darstellung auf das Jahr 1917. Die Wahl des Bildtitels erscheint makaber und bitter-ironisch. Statt einer traditionellen Tanzszene zeigt das Bild ein Geflecht aus Holzbalken und Draht, an dem Soldatenkörper wie Marionetten hängen. Auf den ersten Blick erscheint das fast gitterartige Netz der hellen Körper vor dunklem Grund wie ein abstraktes Gebilde. Erst bei näherem Hinsehen offenbart sich das volle Unheil. Die Gliedmaßen sind grotesk verdreht: Es ist eine verstörende Choreografie des Krieges, die hier vom Tod und der Verstümmelung aufgeführt wird. Otto Dix' Radierung zeigt, dass auch der moderne Krieg nichts an sinnloser Brutalität verloren hat.
Otto Dix wird 1914 eingezogen und meldet sich 1915 freiwillig an die Front. Bis zu seiner Entlassung 1918 führt er ein detailliertes Kriegstagebuch und fertigt zahlreiche Zeichnungen an. Daraus entsteht der Radierzyklus »Der Krieg«. Er führt uns das Grauen in beklemmender Schärfe vor Augen. Dix zeigt den Krieg mit unerbittlicher Nüchternheit. Diese sachliche Direktheit macht seine Kriegsbilder so erschütternd. Nichts im Bild bietet die Möglichkeit, dem Anblick für einen Moment auszuweichen.
Werkdaten
- Inventarnummer: R-2307bi
- Material / Technik: Radierung auf Papier
- Creditline: Kunstmuseum Stuttgart