In einer Serie von Collagen aus gewalzten Papierstreifen erkundet Anton Stankowski 1957 die gestalterischen Möglichkeiten von Linienkonstellationen. In all diesen Kompositionen trifft eine balkenförmige rote Linie auf eine in jeweils unterschiedlicher Weise arrangierte Ansammlung schwarzer Linien von wechselnder Länge. Dabei ist die Begegnung teils von einer »aggressiven« Grundstimmung getragen, wenn etwa die schwarzen Formen ihr rotes Gegenüber gleichsam bedrängen und umzingeln oder aber dieses zur Gegenattacke auszuholen scheint. Oft wird die Beziehung der einander gegenübergestellten Elemente jedoch in der Schwebe gehalten – so auch in der vorliegenden Collage: Im letzten Bild der Reihe ist kein roter Streifen mehr zu erkennen. Vielleicht hat Schwarz ihn in der Masse absorbiert. Oder Rot wurde aufgelöst und stellt nun keinen Gegenpol zu Schwarz mehr da. Es führt sicher nicht zu weit, wenn man in der etwa ein Jahrzehnt nach dem Ende des Naziregimes entstandenen Serie mehr erblickt als ein rein formales Ausloten von Linie und Farbe – nämlich eine Reflexion über das Verhältnis von Staat und Volk, von Individuum und Masse. Auf diese Weise wird, wie es im Titel heißt, aus dem bloßen »Spiel« ein lehrreiches »Gleichnis«.
Werkdaten
- Inventarnummer: 2022-297
- Material / Technik: Walzmischtechnik (Tusche) auf Papier
- Creditline: Kunstmuseum Stuttgart, Schenkung der Stankowski-Stiftung