In ihrem »Selbstbildnis« porträtiert sich Romane Holderried Kaesdorf als schwäbische Hausfrau mit Kittelschürze. Ihre Handflächen hat sie vor ihrem Oberkörper sanft aufeinandergelegt. Mit dunklen Augenringen blickt sie uns Betrachter:innen frontal entgegen. Formal fallen insbesondere die expressiven Schraffuren ins Auge, mit denen Kaesdorf den Körper modelliert. So wirkt die Frau im schmalen Bildausschnitt der Radierung von allen Seiten her eingezwängt.
Holderried Kaesdorf studiert von 1942 bis 1944 in der Radier- und Zeichenklasse an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart. Anschließend kehrt sie in ihre Geburtsstadt Biberach an der Riß zurück, wo sie fortan ihren Lebens- und Arbeitsmittelpunkt hat. Das zentrale Thema all ihrer Werke ist der Mensch. Die hier gezeigte Kittelschürze ist ein häufig vorkommendes Bildelement ihrer Frauendarstellungen. Sie wird zu der Uniform der bürgerlichen Jederfrau. Die Biederkeit dieser Figuren nutzt Kaesdorf als Vorlage, um unsere tradierten Sehgewohnheiten gegenüber dem Banalen in Frage zu stellen. Im Selbstbildnis stellt sie sich selbst ins Spannungsfeld der vermeintlichen Einfältigkeit und Einengung einer Hausfrau und dem schöpferischen Potential als Künstlerin.
Werkdaten
- Inventarnummer: R-0421
- Material / Technik: Radierung auf Papier
- Creditline: Kunstmuseum Stuttgart