Aus der Entfernung wirkt das Porträt der jungen Frau wie eine zu pixelig geratene Fotografie. Die Augen, die Haare und der Mund sind zwar zu erkennen, die Konturen bleiben allerdings unscharf. Je näher man dem Gemälde kommt, desto deutlicher tritt die Rasterstruktur aus farbigen Quadraten in den Vordergrund, während sich die Gesichtszüge von Tania langsam auflösen. Um Tania erneut zu sehen, muss man wieder zurücktreten und den Blick neu fokussieren, denn nur so setzen sich die einzelnen Farbpixel wieder zu einem »Bild« zusammen.
Das Raster als Gestaltprinzip entdeckt Reinhard Voigt, als er seine Mutter beim Anfertigen eines Gobelins beobachtet. Die bildliche Darstellung des Wandbehangs entsteht durch das Einwirken farbiger Garne in ein gitterartiges Trägermaterial. Voigt greift dieses Prinzip, das zunächst vor allem im Printbereich Anwendung findet, in den 1960er-Jahren als einer der Ersten in der Malerei auf. Ausgangspunkt sind fotografische Porträts. Diese überträgt er mit Hilfe einer Gitterstruktur auf die Leinwand. Dabei spielt die Wiedergabe individueller Merkmale eine untergeordnete Rolle. Das Interesse gilt vielmehr dem wechselvollen Zusammenspiel von Umwandlung und Wahrnehmung.
Werkdaten
- Inventarnummer: 2014-010
- Material / Technik: Acryl auf Leinwand
- Creditline: Kunstmuseum Stuttgart