Das Tuch trägt in weißer Schrift auf schwarzem Grund einen Satz aus Franz Kafkas Romanfragment »Der Verschollene«. Es wölbt sich leicht vor, da es ein an der Wand hängendes Bild verhüllt. Die Arbeit war Teil einer Installation für die Documenta IX 1992, bei der Joseph Kosuth sämtliche Kunstwerke der Neuen Galerie in Kassel verhüllte. Jedes Tuch trug ein anderes, im kulturellen Gedächtnis verankertes Zitat.
Kosuth ist ein wichtiger Vertreter der amerikanischen Konzeptkunst. Sprachlich begründete Prozesse treten an die Stelle traditioneller, form- und inhaltsbestimmter Kunst. In dieser Arbeit präsentiert Kosuth ein Textfragment, in dem die Formulierung »Ein anderer« die Rede der beiden Figuren von der konkreten Wirklichkeit auf die abstrakte Ebene des Gleichnisses verschiebt. In Kontext des Gleichnisses bleiben der angesprochene Gewinn und Verlust ohne konkrete Konsequenzen. Die Verschiebung zeigt, wie Wirklichkeit durch Sprache hergestellt wird. In der abstrakten Übertragung nutzt Kosuth diese sprachliche Verschiebung, um den Blick vom Einzelwerk auf die Einheit der musealen Sammlung zu lenken, von der es ein Teil ist. Die Sammlung verleiht auch jedem verhüllten Werk noch eine Bedeutung, die eng mit seiner kunsthistorischen Bedeutung verknüpft ist.
Werkdaten
- Inventarnummer: O-2975a
- Material / Technik: Weißer Siebdruck auf schwarzem Baumwollstoff
- Creditline: Kunstmuseum Stuttgart