Auf dem linken Seitenflügel des Triptychons »Großstadt« entfaltet Otto Dix seine Szene in einer kopfsteingepflasterten Gasse. Diese führt unter einer niedrigen Brücke hindurch und auf einige schäbige Hütten zu. Mit ihren rot beleuchteten Fenstern sind sie unschwer als Bordelle zu erkennen. Leicht und aufreizend bekleidete Prostituierte bieten davor in der Gasse ihre Liebesdienste an. Im Vordergrund nähert sich, auf Krücken und hölzerne Beinprothesen gestützt, ein Kriegsversehrter in Uniform. In Beuteln über seiner ausgefransten Jacke scheint er sein ganzes Hab und Gut mit sich zu führen. Mit vorgeschobener Unterlippe und großen, hungrigen Augen starrt er die Prostituierte gierig an, die ihm in anzüglicher Gebärde ihr Gesicht zuwendet. Sein Verlangen nach gekaufter menschlicher Nähe ist direkt an Gewalt geknüpft. Am Boden liegt ein übel zugerichteter, vielleicht toter Soldat, der Opfer eines Streits wurde. Sein zerzauster Hund kläfft nun den Liebeshungrigen an, der buchstäblich über Leichen zu gehen scheint.
Mit seiner ärmlichen Atmosphäre ist der linke Flügel des »Großstadt«-Triptychons das Gegenbild zur mondänen Welt der rechten Tafel. Mit seiner feinen Malweise, den leuchtenden Farben und der beißenden Gesellschaftssatire gilt das Triptychon als eines von Dix‘ Hauptwerken.
Werkdaten
- Inventarnummer: O-1890a
- Material / Technik: Mischtechnik auf Holz
- Creditline: Kunstmuseum Stuttgart