Walter Stöhrer arbeitet experimentierfreudig mit unterschiedlichsten Materialien wie Ölfarbe, Temperafarbe, Lack, Kreide oder Blei- und Buntstiften. Bereits während des Studiums an der Karlsruher Kunstakademie interessiert er sich für antiakademische Tendenzen in der zeitgenössischen Malerei wie etwa den Primitivismus Jean Dubuffets oder die Werke der COBRA-Künstler Asger Jorn und Karel Appel. Es ist eine bewusst rohe und ungelenke Kunst, die ihre Anregungen aus Graffiti, Kinderkritzeleien und Bildern psychisch kranker Menschen schöpft. Stöhrer ist fasziniert von der surrealistischen Methode der sogenannten Écriture automatique, bei der Gefühle und Gedanken unmittelbar und frei von Regeln im Kunstwerk zum Ausdruck gebracht werden. Er trägt die Farbe mit dem Pinsel, dem Spachtel und Bürsten unter körperlichem Einsatz in breiten Bahnen auf die Leinwand auf, ohne sich jedoch gänzlich von diesem rauschhaften Prozess leiten zu lassen. Die Farben – hier intensives Rot und schlichtes Weiß – sind für Stöhrer Emotions- und Bedeutungsträger, sie spiegeln psychische Befindlichkeiten. Immer wieder bricht er den Malakt ab und unterzieht ihn einer kritischen Kontrolle. Die zu erkennenden Linien wirken wie eine Unterbrechung der malerischen Geste und hinterlassen scharfe sichtbare Spuren in der pastos aufgetragenen Farbe.
Werkdaten
- Inventarnummer: O-2805
- Material / Technik: Kunstharz auf Hartfaserplatte
- Creditline: Kunstmuseum Stuttgart