1933 wird Willi Baumeister von den Nationalsozialisten aus der Lehrtätigkeit an der Frankfurter Städelschule entlassen. Auch die Betätigung als avantgardistischer Künstler ist in der Diktatur stark eingeschränkt. Von Stuttgart aus versucht er vor allem durch gestalterische Aufträge den Lebensunterhalt seiner Familie zu sichern. Für die Lackfarbenfabrik von Kurt Herberts in Wuppertal übernimmt er ab 1936 typografische Aufgaben. Bald wird die Tätigkeit dort zur Künstlerforschung erweitert. Baumeister kann so seine Experimente mit freien Formen und ungewöhnlichen Materialkombinationen fortsetzen. Die Ergebnisse gehen in die von Herberts herausgegebene Schriftenreihe zu maltechnischen Fragen ein. 1939/40 entwickelt er einen 18-teiligen Zyklus für das Treppenhaus des neuen Laborgebäudes der Fabrik. Dazu greift er auf die Bandbreite der zuvor von ihm untersuchten Wandmalereitechniken zurück.
Baumeisters Lacktafeln sind geprägt durch ein Verständnis, dass Farbe nur eines von vielen Materialien ist, die sich auf den Bildträger auftragen lassen. So streut er beispielsweise Sand in den noch feuchten Lack. Dadurch wird die Farbe zugleich Bindemittel des eigentlich der Malerei fremden Materials. In anderen Tafeln setzt er blockhafte Farbtupfer nebeneinander oder trägt verdünnte Spachtelmasse auf. Für ihn ist das Maltechnikum Ort der künstlerischen Radikalisierung zur ungegenständlichen Kunst.
Werkdaten
- Inventarnummer: LG-361
- Material / Technik: Lasierte Spachtelmasse auf Pappe
- Creditline: Dauerleihgabe der Freunde des Kunstmuseums Stuttgart