Stuttgart hat verschiedene Gesichter. Zwei davon sind besonders augenfällig: Ab den 1960er-Jahren wurde der Traum von der autogerechten Stadt mit mehrspurigen Straßen verwirklicht. Zugleich hat dies der Stadt einige Orte beschert, die für den Fußverkehr nicht nutzbar sind. Stolz ist Stuttgart dagegen darauf, nach Budapest das zweitgrößte Mineralwasservorkommen in Europa zu haben. Die Mineralbäder bieten Lebensqualität und ziehen viele Menschen in die Landeshauptstadt.
Die Künstlerin Anna Ingerfurth bringt in ihrer Stuttgart-Serie beide Seiten zusammen. Die Collagen sind kleine Fantasiegebilde, die schmunzeln und nachdenken lassen. Ausgangspunkt sind Fotos aus älteren Bildbänden zu Stuttgart. Die Bildlegenden geben zugleich die Titel der Collagen vor. Mit chirurgischer Präzision fügt die Ingerfurth Szenen aus anderen Fotos in die Vorlagen ein. So platziert sie ein Schwimmbad mit plantschenden Menschen in der ehemaligen Unterführung am Kleinen Schlossplatz. In einer anderen Collage passt sie das Stuttgarter Rathaus mitten in das Loch im Österreichischen Platz ein. Es wird zu einer Barriere für den fließenden Verkehr. Was einst als städtebaulicher Fortschritt galt, wird durch die Kombination zweier nicht zusammenpassender Szenen hinterfragt. Der humorvolle Perspektivwechsel regt an, eine Stadt einmal ganz anders, nämlich mit Blick auf die Menschen und ihre Bedürfnisse zu betrachten.
Werkdaten
- Inventarnummer: 2019-035
- Material / Technik:
- Creditline: Kunstmuseum Stuttgart
Provenienz
null; 28.6.2019 Galerie Valentien, Freerk Valentien, Stuttgart