Die gesellschaftlichen Veränderungen der »Goldenen Zwanzigerjahre« finden ihren Widerhall in Kunst und Kultur. Ein »Neues Sehen« hält Einzug in Fotografie und Werbung. Die neu gewonnene individuelle Freiheit und das beschleunigte Leben spiegeln sich in den Bildmedien in Form kühner Perspektiven, ungewöhnlicher Größenverhältnisse, dynamischer Motive und überraschender Details. Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht gelangen, sagen sie zwar den avantgardistischen Künsten den Kampf an, brechen jedoch nicht mit den Stilmitteln des »Neuen Sehens« an sich. Dass Anton Stankowski die gesamte Klaviatur der damals angesagten Bildgestaltung bravourös beherrscht, bezeugt beispielsweise eine 1939 für die NSU Motorenwerke geschaffene Werbeillustrierte mit dem Titel »Kamerad Motorrad«. Im Kontext dieses Auftrags dürfte auch der vorliegende Reklameentwurf für ein anderes NSU-Produkt entstanden sein: Zentral gesetzt ist die in technoidem Glanz beworbene Fahrrad-Bremsnabe, von der aus die Radspeichen wie eine Lichterscheinung den Bildraum in alle Richtungen durchmessen. Zwei Miniaturfahrradfahrer, die die Komposition diagonal durchqueren, verdeutlichen den Zweck der Bremsnabe. So bedarf es keinerlei Worte, um die Funktion des technischen Hilfsmittels zu kommunizieren.
Werkdaten
- Inventarnummer: 2022-262
- Material / Technik: Collage mit Zeitungsausschnitt mit Tempera auf Papier
- Creditline: Kunstmuseum Stuttgart, Schenkung der Stankowski-Stiftung