Das Porträt der Künstlerin Clara Rühle zeigt eine junge Frau, deren ernster Blick in die Ferne schweift. In ihren Händen hält sie eine kleine Schale mit Kirschen. Mit ihrer orangefarbenen Bluse hebt sich die Frau deutlich von dem grünen Hintergrund ab. Dunkle Konturen betonen die Porträtierte und unterstreichen die sachliche Darstellung.
Clara Rühle beginnt ihre Ausbildung 1907 an der Städtischen Gewerbeschule in Stuttgart und setzt sie bis 1913 an der Kunstgewerbeschule fort. Später schließt sich ein vierjähriges Studium an der Akademie der Bildenden Künste an, das sie 1920 beendet. In dieser Zeit wird die Lehre an der Stuttgarter Akademie einerseits stark durch den Pionier der abstrakten Malerei Adolf Hölzel geprägt. Andererseits hat der Maler Heinrich Altherr, der hier als Professor lehrt, großen Einfluss auf die Studierenden. Im Gegensatz zu Hölzel bleibt er der figürlichen Gegenständlichkeit treu. Wie viele seiner Schüler:innen besucht Clara Rühle Kurse bei beiden Lehrern, vertritt aber mehr die Bildauffassung von Altherr und entwickelt in der Folge ihren eigenen Stil im Sinne der Neuen Sachlichkeit. Mit ihren Arbeiten ist sie in zahlreichen Ausstellungen erfolgreich vertreten.
Unrühmlich jedoch ist ihre Rolle als Vorsitzende des Württembergischen Malerinnen-Vereins, die sie von 1933 bis 1945 bekleidet. In dieser Zeit wird der Verein in die Reichskunstkammer aufgenommen und damit gleichgeschaltet. Die frauenspezifischen Ziele werden in der Satzung gestrichen und ihre jüdischen Kolleginnen verlieren ihre Mitgliedschaft. Später wird Clara Rühle, die Mitglied der NSDAP ist, nicht mehr gewählt, sondern direkt vom Präsidenten der Reichskunstkammer im Amt bestätigt.
Werkdaten
- Inventarnummer: O-2898
- Material / Technik: Öl auf Leinwand
- Creditline: Kunstmuseum Stuttgart
Provenienz
1924–1992 Familie von Annemarie Thomä, Stuttgart; Annemarie Thomä, Stuttgart; 1992 Kunstmuseum (Galerie der Stadt) Stuttgart