»Ich stehe vor der Landschaft wie eine Kuh« – mit diesem Zitat drückt Otto Dix sein Unbehagen aus, als er sich nach dem Umzug an den Bodensee im September 1936 mit gänzlich neuen Motiven konfrontiert sieht. Bis dahin war er ein wahrer Großstadtmensch, der in den wilden 1920er-Jahren in Dresden, Düsseldorf und Berlin gelebt hat. Aufgrund der Entlassung aus dem Lehramt an der Dresdner Akademie durch das nationalsozialistische Regime wandert er mit seiner Familie 1933 zunächst nach Randegg im Hegau aus, im Anschluss zieht die Familie in das neu errichtete Haus in Hemmenhofen.
Umgeben von der idyllischen Natur des Bodensees beginnt Dix, sich der Landschaft anzunähern. Bei »Liegender Akt vor Landschaft mit Blick vom Untersee« handelt es sich um eine großformatige Kohlezeichnung, in der Dix seine Liebe zum Akt und zur Darstellung des Menschen mit der Wiedergabe eines landschaftlichen Motivs (Blick nach Steckborn und auf den Säntis) kombiniert. Der nackte auf einem Tuch liegende Körper im Vordergrund scheint mit der Natur zu verschmelzen. Die Haltung und Handgeste der Liegenden erinnern an die Personifikation von Fluss- und Seegöttern, wie sie in zahlreichen Kunstwerken zu sehen ist.
Zu dieser Arbeit gibt es ein entsprechendes Gegenstück. Es zeigt eine am linken Bildrand ausgerichtete nackte Liegende vor der Landschaft des Untersees. Beide Werke werden als »Bodensee-Venus« betitelt. Drei Jahre, nachdem das Porträt entstanden ist, stirbt Anita Berber im Alter von nur 29 Jahren.
Werkdaten
- Inventarnummer: 2002-035
- Material / Technik: Kohle, Deckweiß auf festem grauem Zeichenpapier
- Creditline: Kunstmuseum Stuttgart