1913 führt eine Frankreich-Reise Gottfried Graf nach Paris, wo der Kubismus, der die Bildmotive in prismatische Einzelelemente zerlegt, in aller Munde ist. Auf diesem basierend entwickelt Robert Delaunay den sogenannten Orphismus, eine reine Farbmalerei, die auch die Kompositionsstrukturen in »Kosmische Schöpfung« prägt. Energiegeladen treten sich die beiden im Untertitel genannten Elemente »Wassergeist« und »Feuergeist« gegenüber. Keine Umrisse und Linien stören den intensiven Farbreichtum. Durch Komplementärkontraste wie Blau – Orange und das Phänomen des Simultankontrasts, also der Wahrnehmung einer Komplementärfarbe, bleibt die Komposition stets in Bewegung. Durch die hell angelegte Farbpalette scheint alles von einem warmen Licht durchdrungen.
Prägend für das frühe 20. Jahrhundert sind auch die allgegenwärtigen philosophisch-spirituellen Bewegungen, die gerade Stuttgart durch Rudolf Steiners Vorträge zu einem Zentrum der Anthroposophie machen. Gottfried Graf ist sehr empfänglich dafür, sein Werk dieser Jahre kreist um die Themen „Licht“, „Kosmos“ und „Schöpfung“. Er will statt der äußeren, die innere Realität auf der Leinwand festhalten, ein wesentlicher Aspekt der abstrakten Malerei, die er allerdings skeptisch sieht. Deshalb bewegt sich seine »Kosmische Schöpfung« zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion und erhält genau dadurch ihre oszillierende Spannung.
Werkdaten
- Inventarnummer: O-2127
- Material / Technik: Öl auf Leinwand
- Creditline: Kunstmuseum Stuttgart
Provenienz
1916–1938 Gottfried Graf, Stuttgart; 1938–1975 Frau Graf, Witwe, Montreux-Territel, CH; 1975 vielleicht Stadt Mengen; 1975 Galerie der Stadt Stuttgart (Kunstmuseum Stuttgart)
Lizenzhinweis
Foto: Kunstmuseum Stuttgart, Frank Kleinbach