Nachdem Hölzel sich zunehmend von der gegenständlichen Darstellung der Figuren entfernt hat, greift er das frühere Thema der, wie er es nennt, »Überflutung« durch eine Farbe wieder auf. Es entsteht eine Reihe von Bildern, in denen die Farbe Rot dominiert, aber in Kontrast gesetzt wird zu den beiden anderen Primärfarben Gelb und Blau sowie zur Komplementärfarbe Grün.
In »Komposition in Rot II« scheint auf den ersten Blick ein wildes Durcheinander von Farben und Linien zu herrschen. Versenkt man sich jedoch bei der Betrachtung in die Strukturen, entdeckt man mittig die bestimmende Form eines über Eck gestellten Quadrats, dem verschiedene Figuren eingeschrieben sind. So erkennt man zu beiden Seiten der zwei etwas größeren grünen Farbflächen zwei sich gegenübersitzende Figuren im Profil. Ihre Gesichter und ihre Halsausschnitte sind gelb, die Kleidung und die Kopfbedeckung sind in Rot gehalten. Auch an den seitlichen unteren Bildrändern lassen sich verschiedene Figuren ausmachen. Oben wirkt das Quadrat wie eine Dachkonstruktion. Fast mutet es so an, als würde die ganze Bildkomposition von einer Sonne in der oberen linken Bildecke beschienen.
Die Balance zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion ist Hölzel ein wichtiges Anliegen, denn das Erkennen von Figuren kann die Aufmerksamkeit wecken, um dann bei der Betrachtung die Fantasie zu beflügeln. Auch die Maltechnik »à la prima«, das heißt des spontanen Arbeitens auf der Leinwand ohne exakte Vorzeichnung, trägt zur gewollten Interaktion mit dem Bild bei. Indem es unvollendet erscheint, regt es dazu an, sich mit ihm zu befassen.
Werkdaten
- Inventarnummer: O-2776
- Material / Technik: Öl auf Leinwand
- Creditline: Kunstmuseum Stuttgart
Provenienz
1914–vielleicht 1918 Adolf Hölzel, Stuttgart; 1918, 20.10.–1918, 20.11. Hannover, Kestner-Gesellschaft e.V., XX. Sonderausstellung Adolf Hölzel; 1918–1986 Firma Günther Wagner, spätere Pelikan AG Hannover; 1986 Kunstmuseum (Galerie der Stadt) Stuttgart