Vor einer Ruine kniet eine Frau. Sie hat ihre Brust zum Stillen entblößt, doch ihr Kind liegt mit großer Kopfwunde vor ihr auf dem Boden. Mit weit aufgerissenen Augen blickt sie ins Leere. Das verzerrte Gesicht drückt unvorstellbares Leid aus. Ihr Haar, ihre Kleidung und der Hintergrund sind mit schnellen, kräftigen Strichen gezeichnet. Sie unterstreichen die Drastik der Darstellung. Nur die Stillgeste und der Körper des Kindes sind fein ausgearbeitet – eine Zartheit, die dem verlorenen Leben gilt.
Otto Dix wird 1914 eingezogen und meldet sich 1915 freiwillig an die Front. Bis zu seiner Entlassung 1918 führt er ein detailliertes Kriegstagebuch und fertigt zahlreiche Zeichnungen an. Daraus entsteht der Radierzyklus »Der Krieg«. Er führt uns das Grauen in beklemmender Schärfe vor Augen. Dix zeigt den Krieg mit unerbittlicher Nüchternheit. Diese sachliche Direktheit macht seine Kriegsbilder so erschütternd. Nichts im Bild bietet die Möglichkeit, dem Anblick für einen Moment auszuweichen.
Werkdaten
- Inventarnummer: R-2307de
- Material / Technik: Radierung auf Papier
- Creditline: Kunstmuseum Stuttgart