In dem Gemälde »Berg- und Talbahn« stellt Reinhold Nägele eine seltsame Architekturfantasie dar. Die glatten braunen Hänge enden in schmalen Graten, die sich in unregelmäßigem Verlauf über zwei Drittel der Bildfläche schlängeln. Dort, wo sich zwei Bergmassive berühren, öffnen sich Tunnel oder leiten schmale Bogenbrücken über die Abhänge hinweg. Im Hintergrund ragen schlanke Masten auf, die über Drähte miteinander verbunden sind. Zarte weiße Punkte, die an Lampions erinnern, dekorieren diese Aufbauten.
Einige Jahre zuvor hat Nägele eine ähnliche Komposition entworfen. In dem 1925 entstandenen Gemälde »Parteipanorama« fügt er zwischen die Berghänge Pavillons und Türme ein, die die einzelnen Parteien der Weimarer Republik repräsentieren. Die Wegführung gleicht einer Achterbahn. In seiner Gesamtheit spiegelt das Gemälde die politische Wirklichkeit der damaligen Zeit. Ob Nägele auch der »Berg- und Talbahn« einen politischen Gehalt geben wollte, bleibt ungewiss. Er signiert das Bild erst viele Jahre nach seiner Entstehung mit Kugelschreiber, einem Stift, der erst in den 1940er-Jahren aufkommt. So liegt die Vermutung nahe, dass er es viele Jahre als unvollendet empfindet.
Werkdaten
- Inventarnummer: O-1905
- Material / Technik: Öl und Tempera auf Karton
- Creditline: Kunstmuseum Stuttgart
Provenienz
1927–o.D. Reinhold Nägele, Stuttgart; Provenienzlücke; o.D.–1973, 27.11. Kunsthaus Schaller, Stuttgart; 1973, 27.11. Städtische Galerie (Kunstmuseum Stuttgart)