
Die wandfüllende Projektion »For the Benefit of all the Races of Mankind …« wirkt wie eine Bühnenkulisse. Dafür überlagert Kara Walker im Scherenschnitt erstellte Figuren und verschiedenfarbige Transparentfolien. Der Scherenschnitt, der an Schattenrisse der Biedermeierzeit des 19. Jahrhunderts erinnert, reduziert alle Figuren auf ihre Silhouette, zugleich treten stereotype Merkmale oder groteske Überzeichnungen umso deutlicher hervor.
Auf den ersten Blick wirkt die Projektion durch die ineinanderfließenden Bildebenen und schwebenden Figuren verspielt und märchenhaft romantisch, doch bei genauerer Betrachtung offenbart sich die brutale Handlung: Eine Schwarze Frau zieht einen halb entkleideten Weißen, vielleicht den einstigen Sklavenhalter, einen Hügel hinauf. Ihr Begleiter ist im Begriff, den Stiefel des Mannes mit dem darin steckenden Unterschenkel zu essen. Ein Kind zieht den nur noch einbeinigen Mann ebenfalls am Arm. Kara Walker hat es als sogenannten Piccaninny gezeichnet. Der Begriff ist eine rassistische, abwertende Bezeichnung für Schwarze Kinder. Walker verleiht ihrer Darstellung dadurch noch mehr Nachdruck. Rechts liegt eine Gestalt mit Fußring wie begraben unter einem farblich rot abgehobenen Hügel. Farbfolien setzt Walker für eine dramatische Zuspitzung der Szene ein. Die bildhafte Schilderung lässt Parallelen zu Sklavenerzählungen des 19. Jahrhunderts ebenso erkennen wie zu den Animationsfilmen und Projektionen des südafrikanischen Künstlers William Kentridge.
Werkdaten
- Inventarnummer: LG-695
- Material / Technik: Scherenschnitt und Projektion auf Wand
- Creditline: Sammlung FREUNDE des Kunstmuseums Stuttgart